1938 - Vor 75 Jahren in Großauheim
NSDAP-Behörde lässt Rochusprozession und Pfarrer Anton Dunkel (1926-1955 Pfarrer in Großauheim) bespitzeln.
Das Großauheimer Pestgelöbnis von 1666 mit feierlicher Rochusprozession blickt in diesem Jahr auf eine wechselvolle 347-jährige Geschichte zurück. Alle, die heute aus freien Stücken und religiöser Überzeugung teilnehmen wollen, könnnen dies tun, ohne dazu gedrängt oder beobachtet oder gar bespitzelt zu werden. Unser freiheitlicher demokratischer Rechtsstaat gewährleistet und schützt "die ungestörte Religionsausübung" (GG Art. 4.2).
Das war in den Jahren der NS-Diktatur (1933-1945) hier in unserem Ort Großauheim anders.
Der "Gendarmerie-Posten Gr. Auheim, Kreis Hanau, Reg. Bez. Kassel" hatte den Auftrag, den Ablauf der Rochusprozession 1938 genau zu observieren und erstattete dem Landrat in Hanau am 21.8.1938 (Tgb. Nr. 129/38) folgenden Bericht (Quelle: Stadtarchiv Hanau):
Der Bürgermeister von Großauheim als Ortspolizeibehörde stellte seine Diensteifrigkeit unter Beweis und ergänzte den Gendarmerie-bericht mit folgendem Text (Quelle Stadtarchiv):
Die Originaldokumente aus dieser schlimmen Zeit sprechen für sich. Sie lassen uns Nachgeborene erahnen und erkennen, welchen Repressionen, Bespitzelungen und Verleumdungen Pfarrer Dunkel und viele engagierte Christen in Großauheim ausgesetzt waren. Allerdings wurde dieses Geschehen in den folgenden Monaten und Jahren von den unmenschlichen Grausamkeiten, die vor allem jüdische Familien auch in Großauheim erleiden mussten, bei weitem Übertroffen.
Es ist gut, sich zu erinnern. Wir geben unserer "Zukunft eine Erinnerung"
Dr. Manfred Greb
Artikel zuerst publiziert im Gemeindebrief der katholischen Pfarrgemeinde St. Jakobus, Juli/August 2013