100 Jahre Hanauer Hafen  - Vortrag von Erhard Bus  am 19.04.2024

 

Zahlreiche Besucher fanden sich zu diesem Vortag am 19.04.2024 in die Alte Schule Großauheim, Hans Gruber-Platz, ein. Besonders interessierte hier in Großauheim, warum der damalige Bürgermeister Otto Grün und die Großauheimer Bevölkerung  sehr starke Vorbehalte gegen die Umsetzung der Hafenpläne hatten. Durch die fortschreitende Industrialisierung gab es 1889 erste Überlegungen für einen Hafenbau. Die Ausbaumaßnahmen für einen Lösch- und Ladeplatz unterhalb der Steinheimer Brücke erwies sich bald als ungenügend. Deshalb suchte man einen anderen Standort mit entsprechendem Hinterland. Dieses entsprechende Areal besaßen die Großauheimer, die aber sehr starke Vorbehalte gegen die Umsetzung der Hafenpläne hatten. Bürgermeister Otto Grün führte immer wieder an, dass wertvolles Gartenland verlorenging, die Hochwassergefahr zunehme und dass ertragreiche Grundstücke durch den Hafenbau zerschnitten und unbrauchbar würden. Da die damalige Bevölkerung von Großauheim zum überwiegenden Teil von der Landwirtschaft lebte, können diese Einwände nachvollziehbar sein. 1913 lagen alle Genehmigungen zum Hafenbau vor, deshalb erteilte Kaiser Wilhelm II., zugleich König von Preußen, per Unterschrift das Recht, die benötigten Grundstücke zu enteignen. Trotzdem  wurde dies in Großauheim nicht so ohne weiteres hingenommen und es entstand ein „intensiver“ Schriftwechsel von Juli 1913 bis ins Frühjahr 1914 statt. Das Gelände sollte aus steuerlichen Gründen nach Hanau eingemeindet werden, doch Großauheim verlangte zuvor den Kauf der Parzellen durch Hanau. Zudem forderten viele Grundstückseigentümer mehr als die gebotenen 5 Mark pro Quadratmeter. Da die Kosten für den Hafenbau inzwischen auf 4-5 Millionen Mark geschätzt wurde, empfahlen die Hanauer Stadtverordneten Ende März 1914 von dem Vorhaben Abstand zu nehmen. Nach dem Kriegsbeginn lag das Projekt für Jahre auf Eis. Erst nach 1918 setzten sich die Auseinandersetzungen zwischen Hanau und Großauheim wegen des Hafenprojektes fort. Großauheim forderte einen Hochwasserschutzdamm und den Hafen weiter südlich auf weniger fruchtbares Gelände anzulegen. Beide Vorschläge wurden abgewiesen. Strittig blieb weiterhin der Preis für den Landeserwerb. Die Wünsche der enteigneten Parzellenbesitzer, Bezahlung in Gold oder nach  Anpassung an den  Kurs der Mark erfüllten sich nicht und durch die Inflation ging den Grundstückseigentümer ein beträchtlicher Teil der Entschädigung verloren. Insgesamt wurden 11  Parzellen auf Hanauer und 147 auf Großauheimer Gemarkung enteignet. Bei manchen Großauheimer Einwohner herrschte noch Jahre später Argwohn und Verbitterung über die Abtretung vormaliger Gemarkungsteile zum Zweck des Hanauer Hafenbaus. 1940 hat der Großauheimer Heimatforscher Karl Kurzschenkel in einer Notiz deutliche Worte gefunden: „Und die Stadt Hanau hat es erreicht, unseren alteingesessenen Bauerngeschlechtern den Markt genommen, die Einnahmequelle abgeschnitten, ja die Existenz der einzelnen Landwirtschaft in Frage gestellt“. Trotz aller Einwände, konnte 1921 mit dem Hafenbau begonnen werden. Hunderte von Arbeitslosen samt ihren Familien fanden dadurch für Jahre Arbeit und Brot. Im Oktober 1924 war es dann soweit, Hanau hatte seinen modernen Hafen, der bis heute einen wichtigen Standortvorteil darstellt. Der Mainhafen Hanau ist nunmehr seit 100 Jahren bestens in die deutsche, europäische und weltweite Verkehrsinfrastruktur eingebunden. Mit der Fertigstellung des Rhein-Main-Donau-Kanals 1992 ist die Stadt mit rund 3.500 km langen Schiffsweg über den Rhein, den Main und die Donau vom Atlantik bis zum Schwarzen Meer vernetzt. Der Güterumschlag besteht maßgeblich aus Erdöl- und Mineralölerzeugnisse, Getreide, Futter- und Düngemittel, Recycling-Stoffe wie Gips, Schlacken und Schrott. Es haben sich eine ganze Reihe renommierte Firmen angesiedelt, die mit ihren vielen Arbeitsstellen einen wichtigen Faktor auf dem heimischen Arbeitsmarkt darstellen. Seit 2012 besteht die Hanau Hafen GmbH, deren Aufgabe u.a. für die Organisation des Hafenbetriebes, der Unterhaltung der Infrastruktur, Überwachung des Hafenbahnverkehrs und der Zollabwicklung zuständig zeichnet.

(Arbeiter beim Erdaushub für das Hafenbecken - um 1921)