Ausgangssperre 1945 – Ausgangssperre 2020

 

 

75 Jahre sind nunmehr seit Beendigung des 2. Weltkriegs vergangen.

Aus dem „Großauheimer Kriegstagebuch“, mit dem sich der HGV-Vorstand gerade wegen einer geplanten Neuauflage befasst, sei Nachfolgendes im Zitat wiedergegeben.
Parallelen, gerade zu den in der Vorweihnachtszeit am 11. Dezember 2020 im Main-Kinzig-Kreis in Kraft getretenen Ausgangsbeschränkungen von 21 bis 5 Uhr, die viele Großauheimer Einwohner zum ersten Mal erleben und etliche gar als unzumutbar empfinden, sind unverkennbar. Aber auch bezüglich der Schließung vieler Geschäfte und überhaupt zu all den, zur Bekämpfung der währenden Corona-Pandemie unter dem Neuwort „Lockdown“ verbundenen, drastischen – aber wohl notwendigen – Einschränkungen in allen Lebenslagen.

Die Aufzeichnungen wurden seinerzeit von dem Großauheimer Heimatkundler und Bahnbediensteten Heinrich Kurzschenkel für die Nachwelt niedergeschrieben.
Das Kriegsende für Großauheim vollzog sich mit den Bodenkämpfen um die Mainbrücke im März 1945, Anfang der Karwoche.
Die Feiertage zu Ostern konnten die Großauheimer, im sechsten Kriegsjahr müde all der Entbehrungen und vielen Opfer, durch die von den Amerikanern verhängten Auflagen nur schwerlich begehen.

Zum 30. März notierte Kurzschenkel: „Die für Karfreitag angesetzte liturgische Feier konnte wegen plötzlichen Ausgehverbots nicht abgehalten werden. Nachmittags gab es zweistündigen Ausgang.“
„Die Ausgehzeiten am 28. 3. betrugen morgens und mittags je zwei Stunden von 8 - 10 und 15 - 17 Uhr. In diesen Stunden mussten die Hausfrauen ihre Lebensmittel abholen, die nur unzureichend und gegen Abgabe der Lebensmittelmarken bezogen werden konnten. So manche Frau kam zu spät und musste weite Wege machen, um in einem anderen Geschäft etwas zu bekommen.“
„Am Ostersonntag, den 1. April, hatten wir Ausgang von 7.00 - 12.30 und 16 - 18 Uhr. Alle vier Gottesdienste der katholischen Gemeinde fanden in St. Jakobus statt. … Licht, Wasser und Gas waren natürlich ausgefallen.“
„2. 4.: Ostermontag galt nicht als Feiertag. Die Ausgangszeit betrug vor- und nachmittags drei Stunden.“
Und weiter zur Ausgangssperre (Waffenstillstand war am 8./9. Mai 1945) schreibt er:
„10. 5.: Ab sofort Ausgang von 5:45 Uhr bis 21:00 Uhr.“
„15. 5.: Die gegenwärtige Gemeindeverwaltung gibt sich alle Mühe, der schwierigen Lage in Zusammenarbeit mit den Amerikanern Herr zu werden. Sie arbeitete wirklich erfolgreich. Möge es noch besser werden …“
„Seit 1. Juni Ausgehzeit 4:30 Uhr bis 23:00 Uhr.“

 

Letzter Tagebucheintrag von Heinrich Kurzschenkel:
„5. 6.: Erstes öffentliches Konzert der hiesigen amerikanischen Besatzungstruppe am Main vor dem Gefallenen-Ehrenmal unter starker Beteiligung von Militär und Einwohnern.“