Auf alten Großauheimer Friedhöfen
Wer dem schönen Trubel des Rochusmarktes kurz entfliehen und dazu in die heimische Vergangenheit eintauchen wollte, dem unterbreitete der Heimat- und Geschichtsverein Großauheim ein besonderes Angebot: einen Besuch der alten Friedhöfe am Samstag, dem 28., und am Sonntag, dem 29. September, jeweils um 15 Uhr ab dem Stand des Vereins an Hauptstraße 6. Am Samstag führte Dr. Bertold Picard, am Sonntag Dr. Sabine Laber-Szillat.
Vor 200 Jahren - 1813 - wurde der Kirchhof an St. Jakobus als Friedhof aufgegeben und der heute so genannte Alte Friedhof – damals knapp außerhalb des Ortes – am Pfortenwingert angelegt. Der Jakobus-Kirchhof hatte als Friedhof gedient, seit Großauheim endgültig 1576 eine selbständige Pfarrei und nicht mehr nur eine Fillial-Kirchengemeinde war. Vorher waren die gestorbenen Auheimer bei der Pfarrkirche St. Nikolaus in Klein-Stneinheim bestattet worden. Diese Kirchhöfe standen unter der Regie des Pfarrers.
Die letzte Beerdigung auf dem Jakobus-Kirchhof war am 31. Oktober 1813 die des Prinzen Franz Ludwig zu Oettingen-Wallerstein. Als 18jähriger Kavalleriemajor hatte er am Vortag in der Schlacht bei Hanau tödliche Verwundungen erlitten. Zwei Jahre später wurde der Prinz in das Innere der Kirche umgebettet, wo sich heute noch sein Grab und Epitaph befinden. Von Großauheimer Einwohnern haben sich auf dem Kirchhof mehrere stark restaurierungsbedürftige Grabsteine des 17., 18. und 19. Jahrhunderts erhalten.
Der – heute „Alte“ – Friedhof am Pfortenwingert wurde 1813 von der Gemeinde geschaffen, weil der Kirchhof für die Bestattungen nicht mehr ausreichte. Das lag einerseits an der wachsenden Einwohnerzahl des Dorfes und andererseits daran, dass durch die Truppenbewegungen der Befreiungskriege gegen Napoleon die Erkrankungen an Fleckfieber zunahmen, die meist zum Tode führten. Den Haupteingang schmückt ein schmiedeisernes Jugendstiltor von 1912. Die Steine der Ummauerung stammten von den abgebrochenen Emmerichshöfen bei Alzenau. Das sansteinerne Friedhofskreuz erschuf Peter Bergold aus Klein-Walstadt. Es wurde mehrfach umgesetzt. Die Inschrift lautet "Wer mir dienen will der Folge mir nach. Wo ich bin, da soll mein Diener auch sein.
Weiter sieht man das klassizistische Totenhaus, das zwischen 1866 und 1890 vergrößert wurde. Beeindruckend die alten Bäume, alle über 80 Jahre. Die Gräber sind geräumt, bedeutende Steine fanden an den Bauern ein Andenken.
In der Ostecke ruhen bei drei Sandsteinkreuzen 18 polnische und russische Kriegsgefangene und Fremdarbeiter des 2. WK. Die zunächst hier bestatteten neun Besatzungsangehörigen eines englischen Bomberflugzeuges sind nach dem Kriegsende umgebettet werden.
Sehr zentral findet man das Grabfeld der 131 Gefallenen und Zivilopfer der beiden Weltkriege. Es sind Soldaten, die in einem Lazarett (Josef-Bautz-Str. 6) während des 1. WK gestorben sind und um Gefallene und Tote der Luftangriffe während der Einnahme Großauheims am 26.3.1945. Dieses Grabfeld wurde 1951 angelegt. Darin befindet sich der Sockel eines Kriegsdenkmals 1870/1871, das durch ein Unwetter 1958 seine Säule verlor. Den Sockel und die Säule hatte Philipp Gaul geschaffen. Unweit davon steht ein weiterer Sockel, der nach dem Sieg des zweiten Weltkriegs ein Ehrenmal erhalten sollte.
Nahe des Kreuzes sind nun die Steine der verdienten Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz, die sich um kranke, alte Bürger und Kinder viele Jahre kümmerten. Auf der anderen Seite die Grabmale der Pfarrer Anton Dunkel, der seine Gemeinde klug durch die NS-Zeit führte und Pfr. Hartmann, der in der Zeit der Industrialisierung eine Armenstiftung gründete. Sanitätsrat Dr. Freisfeld gründete die Ortsgruppe des DRK in Großauheim.
An der Südseite finden sich die Grabwand der Familie Simon König, die ein großes Sägewerk unterhielten und heute in Hanau die Galerie König betreiben. Auch der Vater, die Stiefmutter und die Stiefschwester des August Gaul - Philipp, Anna Maria und Emma - liegen daneben. Und die Familie Kronenberger - Kihn sind hier bestattet. Johann Andreas Kronenberger war Bürgermeister, Dr. Karl Kihn war sein Schwiegersohn und der erste Auheimer Arzt. Daneben ein Forscher und Wohltäter des Spessarts.
Der Alte Friedhof umfasste anfangs nur ein Viertel des heutigen Geländes. In der Folgezeit wurde er zweimal vergrößert. Nach fast 150 Jahren erwies er sich selbst als zu klein und wurde 1953 durch den Waldfriedhof im Neubaugebiet abgelöst. Kaufgräber konnten noch bis 1963 genztzt werden.
Unmittelbar am Alten Friedhof liegt der Urnenfriedhof dort, wo ehedem der Kühlturm des E-Werks gestanden hatte. 1925 hat die Gemeinde die Ruhestätte geschaffen. (1922 wurde der Feuerbestattungsverein gegründet, weshalb diese Zahl auf dem zentralen Gedenkstein verewigt ist.) Vorangegangen waren heftige weltanschauliche Auseinandersetzungen zwischen der Großauheimer Ortsgruppe des Hanauer Feuerbestattungs-Vereins und der katholischen Pfarrei, die eine Verbrennung wegen der gefährdeten Auferstehung der Toten gefährdet sah. Hier finden wir sehr spärlich christliche Symbole, es handelt sich um moderne, diesseitige Zeichen. Hier liegt der Geher Hugo Wenninger begraben. Über diese Dissonanzen ist die Zeit inzwischen weggegangen.