Am Ende des Mainuferwegs von Großauheim, etwa einen km nach der Unterquerung der Hellentalbrücke und angrenzend an den Hanauer Hafen, sehen wir die ehemalige Mainaue verwandelt in eine Industriebrache. Ahnungslosigkeit und die Dominanz wirtschaftlicher Abwägungen haben zu diesem Zustand geführt: Nur wenige Pionierpflanzen haben das Gelände teilweise wieder begrünt. Den Ablauf der Ereignisse, die von dieser Seite den Grund als Auenwiese auf den heutigen Umfang reduziert haben, möchte ich schildern. http://www.zeit.de/1987/39/wie-geoelt/komplettansicht

 

 

Das Nachbargelände nach Norden ist Hafengelände. Im Krieg 1942/43 wurde es als grüne Wiese an den Tankstellenbesitzer Bremer verkauft und als Ablagerungsplatz für Bleicherdefilterkuchen der Altölraffinerie Arenarius verwendet. (Bleicherde: eine besondere Kaolin-, Tonqualität). Erst nach dem Krieg beginnt die Altölaufbereitung. In den frühen Jahren der Wirtschaftswunderzeit,1950 wird die Destillationsanlage für 700t/Monat gebaut. Ab 1956 übernimmt die Pintsch-Oel-GmbH den Betrieb und erhält 1957 für die Destillationsanlage auch eine ordentliche Betriebsgenehmigung von der Stadt Hanau. Vor 30 Jahren (1983) wird eine Umweltkatastrophe bemerkt. An der Böschung zum Main sprudelt nach heftigen Niederschlägen eine Ölquelle. Erste Bodenuntersuchungen ergaben, dass fast das gesamte Betriebsgelände, 25.000m² bis in eine Tiefe von ca. 10m kontaminiert wurde und sich auf dem Grundwasser ein unterirdischer Ölsee gebildet hatte. Umgehend (im März 1984) wurde per Verordnung die Annahme PCB-haltiger Altöle verboten (ein juristischer Trick; dieser hochgiftige Stoff war im Antrag zur Betriebsgenehmigung nicht explizit angegeben), Pintsch ging daraufhin (im April 1984) in Konkurs und entzog sich so der finanziellen Verantwortung.

 

In den ersten 3 Jahren nach dem Konkurs (1986-87) wurde die Anlage "leer" gefahren, die Betriebsfläche oberflächlich gereinigt, die Anlagen abgerissen, das Gelände geräumt und an der Sanierungsplanung gearbeitet. Erst 15 Jahre nach Entdeckung der gewaltigen Ölverseuchung und nachdem mehr als 100Mio DM Steuermittel für die Sanierung des Geländes ausgegeben waren, war die als erreichbar eingeschätzte Sanierungsqualität erreicht, die Maßnahmen wurden beendet.

 

Im Rahmen der Sofortmaßnahmen sollte die Schadstoffverfrachtung unterbunden werden. An zunächst 5 Stellen wurde verunreinigtes Grundwasser abgepumpt und einer Reinigungsanlage zugeführt. Rund um das Gelände wurde eine Dichtwand bis in 10m Tiefe eingebaut. Damit erreicht sie eine Basaltschicht, die das Gelände nach unten hin verschließt. Gleichzeitig mit der Dichtwand wurden auch (7) neue Ölabaschöpfbrunnen gebaut. Über das abgepumpte Grundwasser wurden im Lauf von 5 Jahren dann 200.000l Öl, soviel wie in 40 Tanklastwagen passt, abgeschöpft!

 

Im nächsten Schritt wurde das Erdreich etwa 4,50m tief, bis unter den Grundwasserwasserspiegel ausgebaggert und gereinigt. Wegen der hohen Verseuchung und den entweichenden flüchtigen aromatischen Kohlenwasserstoffen geschah der Aushub unter einem hermetisch abgeschlossenem Zelt mit einem ferngesteuerten Bagger! Noch unter dem schützenden Zelt wurde das Material homogenisiert, dh. durchmischt und durchlüftet, um die flüchtigen KW's kontrolliert herauszulösen. Zur Reinigung standen mehrere Verfahren zur Auswahl. Die oberste Schicht, teilweise aufgefüllter Bauschutt und die darunter liegenden schluffigen Sande wurden biologisch gereinigt, die untere, kiesige Schicht wurde gewaschen. Für die biologische Reinigung wurden an die 10.000 Lkwladungen, 78.000t des vorbehandelten, homogenisierten Materials auf die benachbarte, mit Damm und Spundwand gegen Hochwasser gesicherte Mietenfläche verbracht und dort in zwei Chargen unter vier je 25*100m großen Zelten in Mieten abgelegt. Eine Wendemaschine (Maulwurf) bearbeitete regelmäßig das Material und mischte auch Bakterienfutter (Ammonium, Phosphat und Impfkompost bei. Dränage, Belüftung und Abluftreinigung rundeten die Behandlung ab. Nach 18 Monaten, schneller als erwartet, war die erste Charge am Ziel. Die Bakterien hatten geschätzte 130t KW abgebaut. Aus der stärker verseuchten zweiten Charge wurden dann nochmals 280t unschädlich gemacht. Für weitere nochmals etwa 10.000 Lkwladungen, 98.000t Kies wurde ein Waschprozess ausgewählt. Dabei wurden die Schadstoffe, ca 480t KW in knapp 8.000t, fast 100 Lkwladungen (7.274t) Filterkuchen konzentriert, die anschließend bei hoher Temperatur in einer Sondermüllverbrennung thermisch entsorgt wurden. Die so gereinigten Materialien wurden dann wieder eingebaut.

 

Die wasserlöslichen Schadstoffe (soweit noch nicht früher abgeschwemmt) waren im Grundwasser gelöst, eingeschlossen im Bereich der Dichtwände, in einer Kiesschicht die bis hinunter zum Basaltboden in 10m Tiefe reichte. Um diese Stoffe heraus zu holen wurde beim Wiedereinbau der gereinigten oberen Bodenschichten ein Spülsystem mit eingebaut: Im Bereich der Grundwasseroberfläche ein flächendeckendes Kiesfilter aus dem (21) Förderbrunnen die Wasserentnahme erlaubten und (30) Infiltrationsbrunnen die das gereinigte Wasser ganz unten über der Basaltsohle wieder einspeisten. Die Wasseraufbereitungsanlage mit duchschnittlich 40m³/h Durchsatz (max 100m³/h) für den Wasserreinigungsumlauf wurde bis 1998 betrieben. Dann waren auch hier die Reinigungszielwerte erreicht. Auf die Aufbringung von Mutterboden wurde aus Kostengründen verzichtet, eine Renaturierung wurde als unwichtig erachtet.