3. Jahrgang                                  Gross-Auheim, den 20. Oktober 1939                                         Nr. 27.

Vereinsnachrichten:  

 

     Wegen des Krieges ruht der Vereinsbetrieb bis auf weiteres. Die Tätigkeit der Vorstandsmitglieder erstreckt sich – soweit es ihnen die Zeit erlaubt – auf die Erhaltung des Vorhandenen und möglichst auf die Fortführung der gestellten Aufgaben.

     Im September dieses Jahres konnte der Verein auf sein 10-j ä h r i g e s  B e s t e h e n  zurückblicken.

     Der Verein wurde am 18.9.1929 in der Gastwirtschaft von Lois Börner, Schäfergasse (heute „Zum goldenen Faß“) gegründet. An der Gründung beteiligten sich 11 Herren, von denen heute noch 8 dem Verein angehören.

     Von der geplanten ausführlichen Darstellung der Vereinstätigkeit in den ersten 10 Jahren an Hand der Protokollbücher muß abgesehen werden. Doch sollen hier ganz kurz die wichtigsten Ereignisse der vergangenen Zeit aufgezählt werden.

April  1930     Errichtung von 2 Naturschutzstätten im Torfbruch.

10.  9.  1933    Eröffnung des Heimatmuseums im heutigen Rathaus.

29.  7.  1934    Verlegung des Heimatmuseums in das Alte Rathaus.

  8.  3.  1936    Enthüllung des Gefallenen – Ehrenbuches.

Januar 1937    Herausgabe des Mitteilungsblattes „Am Heimatborn“.

   1. 4.  1937    Beitritt des Vereins zum Museumsverband für Kurhessen und Waldeck.

              Das Museum wird als Heimatmuseum anerkannt.

Januar 1938    Vereinbarung mit dem Bezirksvertrauensmann für Bodenaltertümer über Bergung von  

                           Bodenfunden.

     Der Verein tritt zuversichtlich in das zweite Jahrzehnt seines Bestehens. Er wird es auch weiterhin als

seine schönste Aufgabe ansehen, die Liebe zu Heimat und Boden zu vertiefen und damit die Voraus-

setzungen zur Treue für Führer, Volk und Vaterland zu schaffen.

 

     Die Kohlezeichnung „Hafen“  (Hanauer Hafen) des heimischen Malers Aug. Peukert das in der dies-jährigen Deutschen Kunstausstellung in München allseitige Beachtung fand, wurde von der Kanzlei des Führers aufgekauft.

     Wir beglückwünschen Herrn Peukert zu diesem außergewöhnlichen Erfolg!

Ein freudiges Mittel zur engeren Verbundenheit zwischen Front und Heimat wird auch unser Vereinsblatt sein. Wir bitten um Mitteilung von Einberufenen, die unser Blatt „Am Heimatborn“ gerne zugeschickt wünschen.

                                                                                                                      Der Vorstand.

„Am Heimatborn“.1939. Nr. 27

Heimatkunde, Volkskunde, Familienforschung, Naturschutz:

(Darf nur mit Zustimmung des Heimatvereins veröffentlicht werden.)

Professor August Gaul zum 70. Geburtstag.

 

     Am 22. Oktober wäre der bekannte Tierbildhauer Aug. Gaul 70 Jahre alt geworden. Welche Bedeutung Aug. Gaul heute noch einnimmt, geht daraus hervor, daß man in allen größeren Galerien seine Arbeiten ausgestellt findet und daß noch heute in geschlossenen Ausstellungen seine Kunst gezeigt wird (wie in Düsseldorf, Krefeld, usw.) Bedeutende Tierbildhauer unserer Zeit betrachten Aug. Gaul als ihren Lehrmeister. Er hat der Tierplastik erst den Weg gezeigt.

Um die kulturelle Bedeutung August Gauls für unser Heimat-Gebiet richtig verstehen zu können, ist es notwendig, seine Stellung zu seiner Zeit und in der heutigen zu betrachten, gemessen am Wert, den Gaul für die Kunstgeschichte darstellt.

Bekannt wurde er zunächst durch seine Löwen am Kaiser-Wilhelm-Denkmal, die er 1896 für Begas schuf. Als Schüler Breuers arbeitete er auch damals die Bayern-Gruppe an demselben. Durch die Paul-Schultze-Stiftung, die ihm ein Relief „Christen im Römischen Zirkus“ gebracht hatte, kam er nach Rom, wo er zum ersten Mal mit den Werken der Antike und der Ägyptischen Kunst in  Berührung kam.

Unter dem Einfluß der Deutsch-Römer und ihrer Ideen, besonders Merees u. Tuaillon, vollzog sich die entscheidende Wendung in seiner Kunst. Sein Stil wurde von klassischer Einfachheit.

Im Jahre 1900 stellte Gaul auf der Pariser Weltausstellung eine Gruppe „Römische Ziegen“ und einen „Laufenden Strauß“ aus.

1902 folgte die große Ausstellung in Turin, wo eine Löwin von August Gaul wegen ihrer Stilistik und Formenschönheit großes Aufsehen erregte und dem ganzen Saal ihren Namen aufprägte.

Große Aufträge wurden ihm zuteil, wie der „Bären-Brunnen“ bei Wertheim und der „Enten-Brunnen“ in der Hartenbergstraße in Berlin. Sein Ruhm wuchs von Werk zu Werk und damit seine Bedeutung in der Kunststadt Berlin, wo er Mitglied und Führer der Berliner Sezession war.

Neben dem Werk Gauls interessiert uns auch die Person des Künstlers als Mensch, und zwar als Mensch unserer Heimat, als Groß-Auheimer.

Gaul war wegen seinem offenen und aufrechten Charakter innerhalb der Berliner Künstlerschaft sehr beliebt. Er redete nicht viel; doch wenn er es tat, war seine Rede treffend. Dabei verfügte er über eine n natürlichen Mutterwitz, wie ein bekannter Zeitgenosse August Gauls in seiner Biographie schrieb.

August Gaul hing an seiner Heimat und hat selbst in Berlin stets seinen Auheimer Dialekt gesprochen. Vor seinem Fenster hatte er sich im Garten einen Rasen angelegt; den Samen lieferten die Wiesen seiner geliebten Heimat. So war er stets und immer ein wahrer Sohn seiner Heimat, ein echter Auheimer.

Seine bedeutensten Werke sind:

            „Die kämpfenden Auerochsen zu Königsberg“.

„Das Robert-Jaeckel-Denkmal in Posen“, das einen männlichen Löwen von wahrhaft königlicher           

            Haltung zeigt.

„Der Enten-Brunnen in Berlin Charlottenburg“, vom Volksmund der „Streichelbrunnen“ genannt.

„Der Schwanenbrunnen“ in Krefeld.

„Die Schafe- und Schweine-Gruppe“ und das „Merkur-Denkmal“ am Klöpperhaus in Hamburg.

Hierzu kommen die überaus fein empfundenen und schlichten Kleinplastiken, die vielleicht zum Haupt-werk Gauls gehören. Seine letzte Arbeit war eine „Schweine-Gruppe“, die er noch kurz vor seinem Tode vollendet hat und der „Menschen-Affe“ in Basalt.

In allen größeren Museen und Städten des Reiches sind Werke von Gaul aufgestellt. So ist auch im Garten des Städel in Frankfurt eine große Plastik „Der Eselreiter“ zu sehen.

Neben Zeichnungen und Lithographien ist Gaul noch besonders mit Radierungen hervorgetreten.

Durch die Reife und Höhe seiner Kunst und die handwerksmässige Sicherheit, durch die gleichsam absichtslose Reinheit seines Gestaltens steht Gauls Lebenswerk wie ein Fels in unserer Zeit.

                                                                                                                                  A. Peukert.