2. Jahrgang                                  Gross-Auheim, den 7. Juni 1938                                                 Nr. 14.

Vereinsnachrichten:  

     Das Heimatmuseum ist sonntäglich von 14 – 15 Uhr geöffnet.

     Jeden Donnerstag abend 20 ½ Uhr Zusammenkunft der Mitglieder im Museum.

 

     Zugänge an Museumsstücken:

-  von Silberwarenfabrikanten Lorenz Streb: Kirchengeräte aus Zinn und zwar

   a) Messekelch;  b) Messekännchen  und   c) 2 Leuchter.    a) u. b)  Ende 18. Jahrh.

-  von Herrn Karl Rudolf Franz, Heilpraktiker: 2 Wurfpfeile aus Niederländisch- Indien

-  von Mitglied August rauch: 1 Gebetbuch „Der verbesserte große Baumgarten von Pf.-Martin von Cochem, 1735.

            Den Stiftern herzlichen Dank !

Am 23. Mai 1938 starb unser Mitglied, Herr Gutsverwalter a.D. Philipp Neureuther. Herr Neureuther hat uns jederzeit seine umfassenden Kenntnisse auf dem Gebiete des Gemeinwesens zur Verfügung gestellt. Er war uns deshalb ein gern gehörter Berater und hat sich dabei unsere Wertschätzung erworben. Sein Andenken wird von uns stets in Ehren gehalten werden. Herr Neureuther hat sich aber auch durch seine verschiedenen Stiftungen an das Museum ein bleibendes Denkmal gesichert.

                                                                                                                      Der Vorstand.

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Heimatkunde, Volkskunde, Familienforschung, Naturschutz:

(Darf nur mit Zustimmung des Heimatvereins veröffentlicht werden.)

Vom Torfstich in den ehemaligen Bruchwiesen.  IV.

Aus dem umfangreichen Aktenmaterial seien die zwei folgenden Briefe besonders hervorgehoben.

            An die Kurfürstl. Hochpreißl. Berg- und Salzwerks-Direction (zu Kassel)

Gesuch des Ortsvorstandes zu Großauheim im Kreis Hanau

Um eine Belehnung wegen Torfstechens betr.

     Bereits schon vor 40 Jahren haben wir gefunden, daß in unserer Gemarkung eine Masse Torf liegt, welchen wir aber für allenfallsigen Holzmangel für unsere Nachkommen verschwiegen haben. Da aber der Holzmangel durch den Anwuchs unserer Einwohner endlich soweit gekommen ist, daß jeder Einwohner dahier wenigstens jährlich 2/3tel Theil seines nöthigen Brännholzes kaufen muß, und besonders das Holz hier sehr teuer ist, auch sind unsere Einwohner im Jahre 1813 durchs Kriegsheer so geschädigt worden, daß keiner da nötige Geld zum Holzkaufen beibringen kann.

Auch unser Gemeinswald ist größtentheils nur Buschwald, daß wir keine Hoffnung haben, vollständiges Brännholz unsern Einwohnern geben zu können, So bitten wir ganz gehorsamst:

            Hochpreißliche Berg- und Salzwerkdirection wolle uns die Belehnung ertheilen

            in unserer Gemarkung Torf stechen zu dürfen:

„Am Heimatborn“.1938. Nr. 14

                                   Hochachtungsvoll beharret

                                                                                                          der Ortsvorstand:

Großauheim am 3tern Juli 1835.                                                   König      Bürgermeister

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Ein anderer Brief:

                                   Kurfürstl. Hessisch Hochpreißl. Ministerium (zu Kassel)

     Die Gemeinde Großauheim hat circa 113 Morgen Wiesen, welche Theils privat und Theils Gemeinde-Eigenthum, und gänzlich Torf haltig sind. Unsere Voreltern haben dieses Torflager schon vor 100 Jahren gewußt, und für die Zeit des Holzmangels der Gemeinde Großauheim aufbewahrt. Im Jahre 1808 hat der Torfgräber André von Offenbach schon bey hiesigem Ortsvorstand um diese Torflager nachgesucht, wurde aber von denselben zurückgewiesen. Gedachter André hat sich nach Darmstadt an das dortige Ministerium gewendet und darauf angetragen der Gemeinde das fragliche Torflager abzuzwingen, wurde aber von da aus abschlägig beschieden. Im Jahre 1823 ging dieser André auf Kürfürstl. Landgericht zu Hanau in Wegrechtens und glaubte ein besseres Urtheil als zu Darmstadt heraus zu bringen, wurde aber mit Verurtheilung in die Kosten abgewiesen. Im Jahre 1829 hat der Unterthan Michael Grammich von Großkrotzenburg bei der Oberberg- u. Salzwerk-Direction um unser Torflager nachgesucht, wurde aber abbeschieden. Endlich im Jahre 1835 hat der Domänen Pachter Koch auf dem Kinzigheimerhof um unser Torflager bei der Oberberg- und Salzwerk-Direction zu Cassel nachgesucht. Diese stellte bei Hochpreißl. Ministerium den p. Koch als ersten Erfinder dar, und so wurde derselbe (als wenn unser Torf zum Berg Regal gehöre) darüber beliehen. Es hat so diese Direction hierin eine Bartheiligkeit gezeigt, weil dieselbe von dem Michael Grammich der schon im Jahre 1829 nachsuchte, stille schwieg, von dem sie doch wenigstens wußte, wovon die Anlage I das Zeugniß gibt. Dadurch nun, daß der Domänenpachter Koch auf unser Torflager die Belehnung erhalten hat, sind wir in unseren ehemaligen Rechten geschmälert worden. Alle Ortschaften in unserer Nachbarschaft die früher Kurmainzisch waren, graben den Torf ungehindert aus, ohne das die Staaten sich darüber bemeistern wollen. Wir waren doch früher auch Kurmainzisch und könnten durch 32 lebende Zeugen beweisen, daß der Torf nicht unter das Berg Regal gehöre. Die Oberberg- und Salzwerk Direction zu Cassel hat den Kurfürstl. Kreisamte zu Hanau in einem Beschluß selbst anerkannt, daß der Torf nicht zum Berg Regal gezählt werde, nur auf unser Ansuchen glaubte dieselbe müsse man das Torflager für Bergregal halten. Allein unser Ansuchen um Belehnung ist nur durch Reitzung des Herrn Landbaumeisters Schulz zum Vortheil des Pachter Koch geschehen, und wir als Unkundige in dieser Sache liesen uns in unseren Unkenntnissen zum Ansuchen zur Belehnung reizen, obschon wir überzeugt waren, daß ohne Belehnung die Eigenthümer den Torf auf ihren Wiesen ungehindert selbst graben dürfen. In Erwägung , so hat die Ober Berg- und Salzwerk Direction in der Anlage I  selbst anerkannt, daß die Wiesen nicht abzuzwingen seien, auch ist darnach Pachter Koch nicht erster Erfinder und endlich gehört der Torf nicht zum Berg Regal, und  doch macht man uns denselben streitig, daß wir den Schritt im Jahre 1816 vom Großherzogthum Hessen an das Kurfürstenthum Hessen beweinen müssen. (!) Denn durch diesen Schritt müssen wir 35 093 fl, 38 kr Kriegskosten Entschädigung vom Jahr 1813 bis daher auch noch entbehren, deren sich alle Ortschaften in unserer Nachbarschaft zu erfreuen haben. Auch wir müssten nach den Frankfurter Bundes Acten den oben angesetzten Betrag jetzt noch erhalten. Nach vielen Ansuchen bey Kurfürstl. Regierung wovon wir in Anlage II den Beweis liefern, sind wir desselben noch heute beschädigt, und jetzt soll uns unser Torflager noch entzogen werden, welches die Gemeinde dahier für den jetzigen Holzmangel aufbewahrt hat. Ach! wir gerathen in Verzweiflung wenn wir die Noth unserer Gemeinde selbst und jedes armen Gemeinsglied für sich betrachten, wenn wir sehen müssen, daß das einzige was uns in dieser Noth helfen könnte entzogen werden soll. In diesem verzweiflungsvollen Zustande nehmen wir das Zutrauen zu Hochpreißl. Ministerium und wagen die unterthänigste Bitte Hochpreißl. Ministerium solle der Ober Berg- und Salzwerk Direction gebieten, die dem Pachter Koch 1835 ertheilte Belehnung wieder zurück zu ziehen.

                        In größter Hochachtung beharren

Großauheim am 9. April 1838                                        unterthänigst gehorsamste Unterthanen.